Sendung: tagesthemen 22.03.2023, 22:15 Uhr
* Gong *
Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den tagesthemen.
Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (22.03.2023)
Guten Abend.
Streit kommt in den besten Koalitionen vor.
Die derzeit regierende Koalition hält sich ja zuweilen
für eine besonders Gute mit besonders guter Streitkultur.
Doch diese beginnt zu leiden im zweiten Regierungsjahr,
denn der Streit wird persönlich.
Selten sprach ein Minister so offen über das Misstrauen
in der eigenen Regierung wie Robert Habeck gestern bei uns:
Die Regierung komme dem Auftrag nicht mehr nach,
etwas für die Menschen zu tun.
Das ist bemerkenswert.
Bei allem Bemühen aller Beteiligten, einander zur Ordnung zu rufen,
bleibt heute der Eindruck:
Da ist was faul im Ampelstaate Deutschland.
Am Anfang war die Ampel stolz auf ihren Kommunikationsstil.
Kein Sterbenswort gerät bei den Verhandlungen nach draußen.
Details werden erst bekannt bei der Vorstellung des Koalitionsvertrages.
In diesen Tagen und Wochen haben wir eng, intensiv
und mitunter leidenschaftlich miteinander verhandelt.
Vor allem aber vertrauensvoll.
Die Gespräche waren so kontrovers, wie sie diskret waren.
Gegensätze können überwunden werden durch eine lernende Politik.
Selfie-Harmonie – das war einmal.
Heute sorgenvolle Blicke in der Kabinettssitzung.
Die Kommunikation der Regierung hat sich gewandelt.
Einerseits hat bei den Koalitionsgesprächen
Vertraulichkeit geherrscht, da drang wenig nach außen.
Heute werden viele Informationen sehr frühzeitig durchgestochen.
Und wird mit der Kommunikation Politik gemacht.
Ein Beispiel:
Der Streit um die Zukunft von Gas- und Ölheizungen belastet die Ampel.
Viel zu früh wird der Referentenentwurf
an die Presse weitergegeben, sagt der verärgerte Wirtschaftsminister.
Deswegen bin ich natürlich ein bisschen alarmiert,
ob überhaupt Einigungswille da ist.
Denn das war schlecht, das hat dem Vorhaben geschadet,
das hat der Debatte geschadet sowie dem Vertrauen in die Regierung.
Der Wirtschaftsminister hat anscheinend in seiner Partei
ein bisschen Druck auf dem Kessel.
Die Themen sind auch groß, die auf dem Tisch liegen.
Aber man sollte mit dem Druck nicht so umgehen,
dass man in alle Richtungen koffert.
Interne Kritik, das war einmal.
Es gibt viele Streitthemen in der Ampel:
Vom Autobahnausbau über die Heizungsdebatte
bis hin zum Etat für 2024.
Besonders Grüne und FDP finden keine gemeinsame Position.
Es sind herausfordernde Zeiten.
Deswegen verstehe ich den Druck, insbesondere bei Robert Habeck.
Umso mehr muss man konstruktiv zusammenarbeiten,
über den eigenen Tellerrand hinausblicken.
Etwa beim Thema Technologieoffenheit im Straßenverkehr
wie auch die Wärmeversorgung der privaten Haushalte.
Die FDP stichelt auch in Richtung des Kanzlers:
Finanzminister Lindner
hat seine Pläne für einen Neubau neben dem Finanzministerium gestoppt.
Er stellt auch den Erweiterungsbau des Kanzleramtes in Frage:
Wenn man sagt, in meinem Ministerium werden Bauvorhaben auf Eis gelegt,
wie sieht das eigentlich beim Kanzleramt aus ...
Dann erzeugt man einen Zugzwang und kann vielleicht Politik machen.
Parteiprofilierung statt stiller Zusammenarbeit.
"Mehr Fortschritt wagen" – das stand einmal über dem Koalitionsvertrag.
Dafür wäre wieder mehr Einigkeit nötig.
Genug Themen für den Koalitionsausschuss
kommenden Sonntag.
Frank Jahn in unserem Hauptstadtstudio:
Dass diese ungleichen Drei über Politik streiten, ist klar.
Nun aber scheint es atmosphärisch ungemütlich zu sein.
Wie verkracht sind die?
Die Stimmung ist sichtbar sehr gereizt.
Robert Habeck hab ich selten so frustriert erlebt,
wie gestern in dem Interview.
Sein Vorwurf ist schwer,
dass das Vertrauen bewusst untergraben wurde.
Es ging konkret um den Gesetzentwurf für ein Heizungsverbot.
Die FDP hat viel Kritik an Robert Habeck.
Auch die SPD hilft ihm nicht.
Es gibt etliche Reizthemen.
Die FDP setzt stark auf das Thema Auto, Verbrennungsmotor.
Die Grünen kritisieren die FDP:
Sie blockieren den Fortschritt.
Die FDP schießen zurück.
Sagt, die Grünen seien die Blockierer.
Etwa bei der Beschleunigung von Planungsverfahren
für die Infrastruktur.
Anfang März hat der Kanzler beim Kabinettstreffen
von einem fühlbaren Unterhaken gesprochen.
Jetzt sieht es nach einem Verhaken aus.
Wo ist eigentlich der Kanzler?
Könnte der nicht dafür sorgen, dass wieder Ruhe einkehrt?
Er muss.
Die Koalition will raus aus dem Krisenmodus.
Sie will ins Gestalten kommen.
Dafür sind Weichenstellungen nötig.
Auch bei anderen wichtigen Themen gibt es Streit und Fragezeichen.
Da wäre eher Zusammenarbeit nötig.
Es gibt heute ein spürbares Bemühen um Beschwichtigung.
Die Grünen betonen heute, im Team Ampel gäbe es viele Gemeinsamkeiten.
Der Kanzler äußerte sich nicht.
Sein Sprecher sagte, der Kanzler sei mit allen im Gespräch.
Am Sonntag kommen die drei Parteien zum Koalitionsausschuss zusammen.
Dann werden wir sehen, wie es um den Frieden bestellt ist.
Vielen Dank, Frank Jahn.
Es gehört zu den Ungeheuerlichkeiten des Krieges in der Ukraine:
Kinder wurden aus den besetzten Gebieten nach Russland entführt.
Ausflüge seien das, zur Erholung, sagten die Russen.
Doch dann kamen die Kinder nicht zurück nach Hause.
Wegen der mutmaßlichen Verschleppung Tausender Kinder
erließ der Internationale Strafgerichtshof vergangene Woche
Haftbefehl gegen Russlands Präsident Putin.
Meist verliert sich die Spur der Kinder in Russland.
Doch nun haben Mütter nach langer Ungewissheit ihre Kinder gefunden
und sich auf den Weg gemacht, sie zurückzuholen.
Darko Jakovljevic.
Sie haben es geschafft, zurück in die Ukraine:
17 Minderjährige, die heute zurückgeholt wurden.
Kurz hinter der Grenze zu Belarus.
Unter ihnen ist auch die 13-jährige Anastasia,
hier mit ihrer Oma.
Zurück aus dem von Russland besetzten Gebiet.
Auf der Krim? Hat mir nicht sehr gefallen.
Monatelang saß sie dort fest.
Währenddessen war ihre Oma Svitlana in Panik.
Auf einmal ein Anruf von der Krim.
Sie weinte, sagte am Telefon:
"Hol mich hier raus, ich komme sonst in ein anderes Internat
oder werde einer anderen Familie zur Vormundschaft übergeben."
Sie weinte und sagte:
"Wenn du mich nicht holst, laufe ich weg."
Ihre 15-jährige Tochter Yevgenia wird auch auf der Krim festgehalten.
Nach der russischen Besetzung ihrer Heimatstadt Cherson
schickte Yevgenias Schule sie und andere Kinder auf die Krim.
Wie bei vielen Fällen zunächst in ein Ferienlager.
Als sie nicht zurückkehrt, wendet sie sich an eine NGO in Kiew.
Doch vieles ist noch unklar.
Ich weiß nicht, was ich tue, wenn sie sie mir nicht zurückgeben.
Ich habe sehr große Angst. Ich bin sehr besorgt.
Gegen 21 Uhr, vor neun Tagen.
Mit Unterstützung machen mehrere Mütter und Oma Svitlana ernst.
Für sie beginnt eine langwierige Reise.
Mit diesem Kleinbus geht es nach Belarus, nach Minsk.
Von dort fliegen sie nach Moskau.
Dann erneut mit Kleinbussen in die russisch besetzten Gebiete,
so auch auf die Krim.
Hin- und zurück, rund 10.000 Kilometer.
Dann musste Maryna auf der Krim darlegen müssen,
dass sie die leibliche Mutter ist.
Ihre Tochter Yevgenia darf mitgehen.
Offenbar war dies möglich, weil ihre Tochter nicht zwangsadoptiert wurde,
auch keinen russischen Pass annehmen musste.
Mutter und Tochter wieder auf ukrainischem Boden,
es geht nach Hause.
Nach ukrainischen Angaben wurden 16.000 Kinder verschleppt.
Es ist sehr schwierig, alle Kinder zu finden,
da die Russen sie oft verstecken.
Sie verstreuen sie über das gesamte Gebiet der Russischen Föderation.
Das erschwert den Prozess der Rückführung.
Verschleppen, Einsperren, Festhalten.
Diese mutmaßlichen Verbrechen sollen jetzt untersucht werden.
Ob auch andere Eltern ihre vermissten Kinder zurückbringen können,
ist ungewiss.
Ist das, was wir gesehen haben, eine Ausnahme
oder hören Sie davon häufiger?
Wie viele Kinder haben das Glück,
von ihren Eltern gefunden und zurückgeholt zu werden?
Stand heute sind es 325 Fälle, wo es ein positives Ende gibt.
Wir haben gesehen, sie konnten zurückkehren.
Zurück nach Hause in die Ukraine.
An dieser Stelle muss man differenzieren:
Jeder Fall ist unterschiedlich gelagert.
Die Fälle, bei denen eine Rückkehr möglich war,
waren Fälle, bei denen die Kinder in Heimen oder Internaten waren.
Die Eltern wussten, wo sie sich aufhalten.
Die Reise dorthin, das Kind abzuholen, ist schwierig.
Da ist viel Papierkram zu erledigen.
Wenn man nachweist, man ist die leibliche Mutter,
dann kann man das Kind mitnehmen.
Die Behörden in der Ukraine sagen: Es sind ukrainische Kinder.
Wenn wir wissen, wo sie sind, holen wir sie ab.
Da müssen wir Russland auch nicht fragen.
Das sind Fälle, die positiv enden, es gibt aber auch andere.
Was wissen wir über die deutlich größere Gruppe
derer, die zwangsadoptiert werden?
Ukrainische Zahlen sehen so aus:
Es sind an die 16.000 Kinder verschleppt worden.
In Russland, in russische Gebiete.
10.000 davon sind lokalisiert.
Man weiß also, sie halten sich auf russischem Gebiet auf.
Wo genau, weiß man aber nicht.
Es gibt Hinweise, dass sie immer wieder den Aufenthaltsort wechseln.
Es gibt auch den Verdacht, dass alles getan wird,
um die Kinder in Russland zu behalten.
Mit dem Ziel, sie umzuerziehen.
Um ukrainische Kinder
zu treuen russischen Staatsbürgern zu machen.
Darko Jakovlevic aus Kiew.
Schauen wir in unser westliches Nachbarland.
In den vergangenen Monaten gingen Hunderttausende auf die Straße,
um gegen IHN zu protestieren:
Den Präsidenten, der sich gern sonnenköniglich gibt
und von der Opposition als Pharao verspottet wird.
Emmanuel Macron ist entschlossen, seine Rentenreform umzusetzen.
Gegen alle Widerstände, koste es, was es wolle.
Nun sind seine Untertanen ohnehin schon aufgebracht darüber,
erst mit 64 Jahren in Rente gehen zu können statt mit 62.
Der mit umfassender Macht ausgestattete Präsident
hat nun die Rentenreform am Parlament vorbei durchgesetzt.
Das fachte die Wut zusätzlich an.
Heute hat Macron sein Vorgehen erstmals verteidigt.
Sabine Rau.
Nach tagelangem Schweigen und zahllosen internen Krisensitzungen:
Auftritt des Präsidenten.
Angespannt, dünnhäutig.
Im Interview verteidigt Macron sein umstrittenes Vorgehen.
Glauben Sie, dass mir diese Reform Spaß macht?
Nein! Hätte ich nicht, wie viele andere vor mir,
die Sache einfach unter den Teppich kehren können?
Ja! Es macht mir keinen Spaß.
Ich hätte diese Reform sein lassen können,
aber ich habe es aus Verantwortung getan.
Kein Rückzieher also, keine Kompromisse,
allen Protesten zum Trotz.
Die Gewalteskalation der letzten Tage verurteilt der Präsiden.
Den Gewerkschaften wirft er vor,
keinen Kompromissvorschlag präsentiert zu haben.
Er bietet neue Gespräche an,
doch die Reaktion ist prompt und unmissverständlich.
Er hat mich nicht überzeugt. Ganz im Gegenteil.
Nein, das feuert unsere Forderungen noch mehr an:
Diese ungerechtfertigte Reform muss zurückgezogenen werden,
damit es zu einer Beruhigung kommen kann.
Die Streiks im Land haben sich verschärft.
In Marseille wird der größte Hafen des Landes blockiert.
Die fünf größten Raffinerien Frankreichs werden bestreikt,
Lieferengpässe sind die Folge.
In Fos-sur-Mer werden Arbeiter und Angestellte
unter wütenden Protesten zwangsverpflichtet.
An einigen Tankstellen im Süden ist der Treibstoff knapp.
Die Wut hält unvermindert an.
Sie hofft, von der politischen Krise profitieren zu können.
Vom Präsidenten haben wir heute nur hinhaltende Äußerungen gehört.
Er ist isoliert und verliert den Kontakt zur Außenwelt.
Macron hat heute eingeräumt,
zuletzt nicht genügend zugehört und erklärt zu haben.
Aber er beharrt auf notwendige Reformen.
In welcher Welt leben die Leute denn?
Wir hatten Covid, wir haben Krieg, Inflation.
Der Staat hat Milliarden für Hilfen ausgegeben, Schulden gemacht.
Unsere finanzielle Situation hat sich verschlechtert.
Er hält an seinem Kurs eisern fest.
Er ist überzeugt: Frankreich hat keine Alternative.
Derzeit ist offen: Kann er das gespaltene Land einen?
Der nächste landesweite Streik steht ihm morgen bevor.
Der angeschlagene Präsident und die Wut des Volkes auf seine Reform,
dazu hat Bettina Scharkus vom WDR diese Meinung.
Emmanuel Macron sieht sich als großer Reformer.
Die Rentenanpassung sei eine Notwendigkeit für das Land,
erklärt der Präsident.
Die Rentenkasse sei nicht mehr ausgeglichen.
Viele europäische Länder haben ähnliche Maßnahmen ergriffen,
im Vergleich ist Macrons Vorhaben moderat.
Kein sozialer Kahlschlag, wie Kritiker behaupten.
Es geht längst um mehr
als um den Umbau des französischen Rentensystems.
Es geht um das
gesellschaftliche Miteinander in unserem Nachbarland.
Die französische Regierung hat sich entschieden,
die Reform ohne Abstimmung durch die Nationalversammlung zu drücken.
Ein nur knapp überstandener Misstrauensantrag
war eine schallende Ohrfeige für die Regierung.
Macron hatte 2017 die Wahl als dynamischer Erneuerer gewonnen.
Er galt schnell als abgehoben und arrogant.
Bei seiner Wiederwahl 2022 versprach er deshalb,
er werde nun der Präsident aller Franzosen sein.
Doch das Gegenteil ist der Fall.
Bei der Reform zeigt sich
das fehlende politische Gespür des 45-Jährigen.
Statt eine Koalition der Vernünftigen zu schmieden,
schuf er Fakten.
Der Zorn der Straße scheint ihn kalt zu lassen.
Das eröffnet den Extremen von links und rechts neue Chancen,
vor allem die Rechtspopulisten legen in Umfragen zu.
Sie profitieren von der Wut der Straße.
Emmanuel Macron möchte als großer Reformer in die Geschichte eingehen.
Er könnte als einer der unbeliebtesten Präsidenten
der Geschichte enden.
Die Meinung von Bettina Scharkus.
In den meisten Ländern Europas, wie etwa in Frankreich,
sind Schwule, Lesben oder Transgender Teil der Gesellschaft.
Obwohl auch immer noch nicht nicht frei von Diskriminierungen.
In vielen Ländern der Welt aber müssen queere Menschen
für ihre Rechte kämpfen und rufen den Mächtigen zu:
Get over it! Kapiert es endlich, dass es uns gibt!
In rund 30 Ländern Afrikas ist Homosexualität verboten.
Gestern hat das Parlament in Uganda eines der schärfsten Gesetze
gegen Homo- und Transsexualität verabschiedet.
Queere Menschen werden bedroht.
Im Namen des Gesetzes und mit Segen der Kirche.
Norbert Hahn.
Ein Vorort von Ugandas Hauptstadt Kampala.
Wir sind unterwegs mit Zari.
Zari fühlt sich als Frau, bezeichnet sich als transsexuell.
In Uganda kann das lebensgefährlich sein.
Sie haben mich ausgezogen, mir die Hose runtergelassen.
Sie nahmen ein Messer und wollten mir die Hoden abschneiden.
Dann haben mich die Jungs gepackt und mich da rein geschmissen.
Ich bin bewusstlos geworden.
Zari ist bis heute traumatisiert, muss täglich Tabletten nehmen.
Allein verlässt sie nicht mehr das Haus.
Ein Schicksal von vielen Menschen, die queer sind.
Kirche und Politik haben ihren Druck erhöht.
Sehen durch Menschen wie Zari
eine Gefahr für christliche Moral und afrikanische Traditionen.
In Uganda gibt es eine drastische Gesetzesverschärfung.
Wer sich zu etwas anderem als zur Heterosexualität bekennt,
dem drohen bis zu zehn Jahre Haft.
Wer an Homosexuelle vermietet,
muss mit bis zu einem Jahr Gefängnis rechnen.
Auch im Nachbarland Kenia verstößt Queersein gegen das Gesetz.
Dennoch entschied das Höchste Gericht,
queere Personen dürften sich in Verbänden zusammenschließen.
Es gab dagegen Proteste im Parlament –
auch gegen eine angebliche Unmoral aus dem "Westen".
Der Westen war nie eine moralische Autorität.
Die Leute haben uns versklavt, kolonisiert
und wie Tiere behandelt.
Und jetzt sollen wir uns wie Tiere verhalten.
Wir müssen das diesen Europäern und Amerikanern klar machen,
auch wenn sie uns mit ein bisschen Geld locken.
Sie bieten Kenianern sogar Nahrungsmittelhilfe,
damit sie solche Dinge legalisieren.
An der Seite der Politik: Die Kirche.
Hier in der Kirchengemeinde von Malabar, einer kleinen Grenzstadt,
predigt der Erzbischof der Anglikanischen Kirche in Kenia:
Gegen Sodom und Gomorrah.
Gemeint ist auch die eigene Kirchenspitze
im britischen Canterbury.
Sie hat Segnungen für Homosexuelle zugelassen.
Das verstoße gegen den Geist der Bibel.
Warum hat Gott nicht einen anderen Mann gemacht
und ihn zu Adam gebracht?
Wusste Gott nicht, dass das nicht funktionieren würde?
Einer der größten christlichen Weltkirchen droht die Spaltung.
Erzbischöfe aus zehn Kirchenregionen sehen es wie der Kenianer:
Die Frontlinie verläuft
zwischen dem globalen Süden und dem liberalen Norden.
In den nächsten Monaten könnte zum Bruch kommen.
Der Erzbischof in Großbritannien
wäre dann nicht mehr "Erster unter Gleichen".
Wenn die Synode in Kenia beschließt,
dass wir nicht mehr mit der Kirche von England zusammenarbeiten:
Dann werde ich diesen Beschluss verkünden.
Imani Kimiri, Juristin eines Queer-Verbandes, sagt uns:
Der Druck steigt.
Im Februar hätten doppelt so viele über Diskriminierung geklagt.
Queere Menschen sind immer als Sündenböcke benutzt worden.
Als Bauernopfer von Politikern, von allen,
nur um von ihrem eigenen Versagen abzulenken.
Zari im Haus ihrer Mutter.
Hier fühlt sie sich sicher und geborgen.
Draußen vor der Tür lauert eine Gesellschaft,
in der Abweichung von der Norm keinen Platz hat.
Das wird noch eine Weile bleiben.
Ein Bild aus einer anderen Welt.
Von der wir hoffen, sie möge niemals wiederkehren.
Schulen geschlossen, Restaurants verwaist.
Zeitweilig durfte man abends nur mit dem Hund oder zum Joggen vor die Tür
oder nur gegen Strafe auf einer Parkbank Platz nehmen.
Heute vor drei Jahren begann der erste Lockdown in Deutschland.
Es war eine Zumutung, doch mit am meisten gelitten haben die Jüngsten.
Kinder konnten teilweise monatelang nicht zur Schule gehen.
Politik und Wissenschaft sagen heute,
dass es schädlich und unnötig war.
Griet von Petersdorff.
Von den Kita- und Schulschließungen in der Corona-Zeit,
wird man sich lange nicht erholen, ist Karina Jehniche überzeugt.
Die Leiterin einer Brennpunktschule macht sich Sorgen.
Wir wissen heute, dass die Schulschließungen nicht nötig waren.
Ich versuche dass zu verdrängen, weil ich denke:
Was haben wir unseren Kindern zugemutet?
Und es zeigt sich, dass es nicht nötig war.
Die Befürchtung besteht, dass das, was die Kinder versäumt haben,
nicht mehr aufzuholen ist.
Das gemeinsame Lernen,
die Zuwendung durch die Lehrer, das fehlte.
Zum Teil hinken die Kinder mit dem Stoff 1,5 Jahre hinterher.
V.a. Kinder aus bildungsfernen Familien
haben unter dem Lockdown gelitten.
Wenn man Lesen, Schreiben und Rechnen lernen will,
dann muss man üben.
Man muss das Schreiben üben, man muss das Lesen üben.
In einer Brennpunktschulen wie meiner
müssen die Übungsphasen vor Ort stattfinden.
Die Eltern können das oft nicht leisten.
Man kann nicht einfach alles nachholen.
Es gab Zusatzunterricht,
doch er füllte die Lücken nur teilweise.
Da sind die schulischen Defiziten,
aber auch die seelischen Wunden als Folge des Lockdowns.
Der heute 17-jährige Paul zum Beispiel.
Es hatte schon länger psychische Probleme.
Aber mit 15, im ersten Lockdown, da wurde es so schlimm,
da bekam er Medikamente gegen Depressionen.
Zu Hause bleiben müssen, nicht rauskönnen,
war katastrophal für so jemanden wie ihn.
Wieder einmal Unterricht vor dem Bildschirm:
Dann ein emotionaler Zusammenbruch.
Ich glaube, wir haben da Mathe gemacht.
Ich konnte es nicht, da war eine Gehirnblockade.
Ich hab's im Unterricht, also Homeschooling,
hab's nicht verstanden.
Es war schwierig, dann habe ich geweint.
War dann in dem Moment zu viel alles.
Er verletzte sich selbst, dachte an Selbstmord,
im zweiten Lockdown ging er in die Klinik.
Jetzt geht es ihm besser.
Noch nie waren so viele junge Menschen psychisch belastet,
sagen Ärzte und Psychologen.
Als Nachwirkung von Corona ist es so:
Viele Kinder- und Jugendpsychiatrische
Kliniken sind am Limit.
Wir haben vorgestern das Spielzimmer ausgeräumt,
ein Feldbett reingestellt - wir hatten kein freies Bett mehr.
Angesichts schulischer und psychischer Probleme
dürfe die Corona-Generation nicht allein lassen.
So warnt der Lehrerverband.
Sie werden Schwierigkeiten haben, Arbeitsplätze zu finden.
Sie werden keine große Teilhabechancen
in dieser Gesellschaft haben.
Sie werden Probleme haben, ihre schulische Laufbahn fortzusetzen.
Es geht um eine Chancengerechtigkeit für eine ganze Schülergeneration.
Keine Klassenfahrt, keine Party, kein erstes Flirten -
auch das kann man nicht einfach nachholen.
Corona abgehakt?
Für viele Erwachsene vielleicht, für junge Menschen noch lange nicht.
Weiter geht's mit den Nachrichten und mit dir, Constantin.
Da geht es zunächst um eine Razzia im Milieu der "Reichsbürger".
Bei einer Durchsuchung in Reutlingen ist ein Polizist angeschossen worden.
Nach Angaben der Bundesanwaltschaft schoss ein Mann,
der ursprünglich als Zeuge vernommen werden sollte.
Er wurde in U-Haft genommen.
Die Durchsuchungen in mehreren Bundesländern und in der Schweiz
standen im Zusammenhang mit einer Razzia im Dezember.
Der Gruppierung wird vorgeworfen,
einen gewaltsamen Umsturz der staatlichen Ordnung geplant zu haben.
In New York hat die Wasserkonferenz der Vereinten Nationen begonnen.
Wasser ist zunehmend knapp, und die Klimakrise verschärft den Mangel.
UN-Generalsekretär Guterres sprach von "vampirhaftem Überkonsum".
Er rief dazu auf,
allen den gleichen Zugang zu der kostbaren Ressource zu sichern.
2,3 Mrd. Menschen haben kein sauberes Trinkwasser.
3,6 Mrd. leben ohne sanitäre Anlagen.
Weltweit sterben täglich Tausende Kinder durch verschmutztes Wasser.
Bis Freitag beraten darüber Vertreter aus Politik,
Wirtschaft und Wissenschaft.
Die US-Notenbank Fed
hob trotz des jüngsten Bankenbebens den Leitzins erneut an.
Diesmal nur um 0,25 Prozentpunkte.
Die neue Zins-Spanne reicht nun von 4,75 bis 5 %.
Die Entscheidung der Währungshüter wurde mit Spannung erwartet.
Sie gilt als Kompromiss - mehr dazu von Markus Gürne.
Angesichts der hohen Inflation
wurde die Anhebung des Leitzinses in den USA erwartet.
Doch das Bankenbeben der vergangenen Tage
brachte die US-Notenbank Fed offenbar in eine schwierige Lage.
Trotz der Rettung der Credit Suisse durch die UBS
schwelt die Bankenkrise weiter.
Höhere Leitzinsen könnten die Banken in größere Bedrängnis bringen.
Denn sie sitzen meist auf vielen Staatsanleihen,
die mit steigenden Zinsen an Wert verlieren.
Noch mehr Sorgen können Banken aber nicht gebrauchen.
Deshalb stand auch eine Zinspause im Raum.
Dazu konnte sich die Fed aber nicht durchringen.
Das hätte an den Finanzmärkten auch so interpretiert werden können,
dass die Bankenkrise schlimmer ist als gedacht.
In der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Dachau
wurde eine Ausstellung eröffnet.
Anlass war, dass heute vor 90 Jahren
die ersten politischen Häftlinge nach Dachau gebracht wurden.
Keine zwei Monate nach der Machtübernahme
der Nationalsozialisten war das KZ am 22. März 1933 eingerichtet worden.
Es galt als Modell für später errichtete Lager.
In Dachau wurden über 40.000 Häftlinge umgebracht.
Unsere mittendrin-Reportage spielt heute an einem Ort,
über den zu sprechen vielen Furcht einflößt.
Dabei ist es da gar nicht so dunkel, wie es vielen erscheinen mag.
Im Gegenteil.
Am Ende des Lebens gehen nicht wenige unheilbar kranke Menschen
in ein Hospiz.
Sie erfahren dort das, was in einem Heim oder einer Klinik
oft am meisten fehlt: Zuwendung und Würde.
Lucretia Gather war in einem Hospiz in Mainz,
über das wir gleich den bemerkenswerten Satz hören:
Hier geht es nicht ums Sterben, hier geht es ums Leben.
Schichtbeginn für Patricia Molnau.
Einen Tag lang begleiten wir sie bei ihrem Dienst im Hospiz.
Sie arbeitete lange im Krankenhaus.
Jetzt kümmert sie sich um Schwerkranke,
die bald sterben werden.
Hier heißen sie nicht "Patienten", sondern "Gäste".
Für mich ist es wichtig, den Gästen in der letzten Lebensphase
Lebensqualität zu bieten.
Individuelle Betreuung, Begleitung und Zuwendung.
Hier geht es nicht nur ums Sterben, hier geht's auch ums Leben.
Dass wir unseren Gästen ein gutes Leben bis zuletzt ermöglichen.
Dieses Ziel prägt die Arbeit aller Mitarbeitenden.
Der Gast bestimmt, was er möchte.
Heute hat jemand Besuch von seinem Hund -
auch das ist anders als im Krankenhaus.
In einem Hospiz geht es nicht mehr um Heilung, sondern um Linderung:
Palliativmedizinische Versorgung.
Patricia Molnau ist jetzt bei Claudia Weber.
Sie ist 50, hat seit vielen Jahren Krebs.
Ihr Leben wird bald zu Ende gehen, darüber ist sie sich bewusst.
Wie haben Sie denn entschieden, ins Hospiz zu kommen?
Es ging daheim nicht mehr.
Mein Mann kam von der Arbeit heim,
hat etwas gekocht, fuhr wieder zurück.
Ein Hin und Her.
Claudia Weber hat einen 12-jährigen Sohn.
Die Pflege zu Hause belastete die ganze Familie.
Seit wenigen Wochen ist sie nun hier.
Was hoffen Sie für die Ihnen verbleibende Zeit?
Dass es noch möglichst lang ist.
Patricia Molnau hat hier Zeit für individuelle Zuwendung.
Die Arbeit erfüllt sie, kann aber auch belasten.
Wir erleben hier viele berührende Momente,
gerade auch mit Kindern, die sehr traurig sind.
Wir weinen auch mit.
Aber ich schaffe es für mich,
Empathie und professionelle Distanz zu vereinbaren.
Etwa 260 stationäre Hospize gibt es in Deutschland.
Die meisten Menschen
sterben aber in Krankenhäusern und Pflegeinrichtungen.
Hospizplätze sind in einigen Regionen rar.
Die acht Betten, die es hier gibt, können den Bedarf nicht decken.
Wir kriegen sehr viele Anfragen -
von Krankenhäusern aber auch Privatpersonen.
Wir haben deutlich weniger Plätze wie wir bräuchten.
Die Situation ist manchmal unbefriedigend,
weil man die Not der Menschen durchaus spürt.
Carmen Zimmermann muss dann an ambulante Hospizdienste verweisen.
Im Umland von Mainz entsteht eine neue Einrichtung.
Das bringt allerdings neue Herausforderungen,
denn es ist schwer, Personal zu finden.
Pflegerin Patricia Mollnau hat heute ein besonderes Angebot.
Sie spielt Cello für die Gäste und ihre Angehörigen.
Claudia Weber hat dafür zum ersten Mal seit sie hier ist
ihr Zimmer verlassen.
Wie fühlt sich das an?
Toll, ist sehr schön.
Bisschen Freiheit wieder.
Für die Gäste hier im Hospiz zählt nur der Augenblick.
Nach so einem Film fallen Überleitungen schwer, deshalb nur:
Das Wetter.
Fange ich an mit dem Wetter ...
Da ist am Welt-Wassertag das Wasser im Fokus.
Ich wies gestern schon darauf hin, dass er heute stattfindet.
Wir gucken mal auf Deutschland.
Seit dem 1. Januar bis heute bilanzieren wir einmal,
wie viel es geregnet hat.
Gerade der Nordosten ist sonst sehr trocken.
Der wurde gut versorgt.
Im Süden hinken wir hinterher.
In Augsburg fehlen 63 Prozent der Regenmenge,
die zur erwarten gewesen wäre nach dem Mittel von 1991 bis 2020.
Hier sieht es genau andersrum aus.
Da haben wir mehr als das Doppelte.
Es kommt auch etwas hinterher:
Bei dieser Karte muss man kein Meteorologe sein.
Hier gibt es nur Tiefs.
Die ziehen über uns hinweg.
Die Vorschau zeigt es schön,
wie aus Westen diese Regengebiete über uns hinwegziehen.
Durch sie wird es wechselhaft.
Schauen wir uns die Entwicklung an.
Da sehen wir, dass von Westen weiterer Regen,
der auch kräftiger werden kann, langsam nach Osten unterwegs ist.
Danach kommt kalte Luft mit Schauern.
Im Süden passiert wenig,
an den Alpen gibt's vielleicht sogar Sonnenschein.
Die Temperaturen:
Die nächsten Tage wechselhaft.
Die Wärme gibt es noch am Freitag in Niederbayern.
Danach wird es kühler.
Danke, Sven.
Das waren die tagesthemen.
Hier spricht jetzt Sandra Maischberger mit ihren Gästen
über die Themen des Tages.
Der Ex-Schachweltmeister und russische Oppositionelle
Garri Kasparow ist zu Gast.
Und einer, den Sie auch aus diesem Studio kennen: Thomas Roth.
Wir sind morgen wieder für Sie da. Bis dahin.
Copyright Untertitel: NDR 2023











 
                

